Hannah Moritz
Bildung als Chance

„Werde Zweitzeug*in“ - Unter diesem Motto steht die aktuelle Ausstellung des ZWEITZEUGEN e.V.

Am 4. Juni wurde die Ausstellung „Werde Zweitzeug*in“ in der Zentralbibliothek Duisburg eröffnet. Sie lädt Duisburger Kinder und Jugendliche dazu ein, Lebensgeschichten von vier Jüdinnen und Juden nachzuspüren, die den Holocaust erfahren und überlebt haben. Eigene Positionen zu finden, in den Austausch zu gehen und selbst Zweitzeugnis zu geben, ist das Kernanliegen der Initiative.

Die interaktive und museumspädagogisch aufbereitete Ausstellung wurde konzipiert und umgesetzt von ZWEITZEUGEN e.V. Im Zentrum stehen die Biografien von Chava Wolf, Henny Brenner, Dr. Leon Weintraub und Wolfgang Lauinger. Sie mit ihren Lebensträumen,
-erfahrungen und auch Traumata kennenzulernen, macht Geschichte begreifbar, nahbar und regt an, sich gegen jegliche Form von Diskriminierung stark zu machen, so Ausstellungsleiterin Ariane Olek.

 

Für sie sind die Anknüpfungspunkte im eigenen Leben ganz zentral. Sich einzufühlen in Menschen, die Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren, nach und nach auf Freizeitgestaltung, Bildung und eine selbstbestimmte Berufswahl verzichten und schließlich ein Leben in Vertreibung und Unfreiheit verbringen mussten. Wer die Ausstellung besucht, findet viele Anregungen in Zitaten, Bildern, erlebnisorientierten Exponaten sowie in audiovisuellen Angeboten und einer digitalen Lernplattform. Am Ende können die Schülerinnen und Schüler den Überlebenden einen Brief schreiben, in dem sie ihre Gedanken und Emotionen niederschreiben.

 

Begleitend zur Ausstellung finden ein Besuchsprogramm für Kinder und Schulklassen, Theaterworkshops und zwei Sommerferienprogramme „kreativ erinnern“ statt. Ebenso gibt es Angebote für (sozial)pädagogische Kräfte.

Vernissage vor geladenem Kreis

Schon der Auftakt machte deutlich, dass die Ausstellung von einem lebendigen Netzwerk getragen wird: Vertreterinnen und Vertreter des Hauses, der Stadt Duisburg und einiger Einrichtungen sowie von Schulen und Kooperationspartnern kamen zur Eröffnung.     

 

Barbara Hayck, verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeit der Stadtbibliothek, machte bei ihrer Begrüßung deutlich, dass der Ort der Ausstellung nicht hätte besser gewählt werden können. Rund 200 Jahre zuvor errichtete die jüdische Gemeinde hier die erste Synagoge. In der heutigen Funktion ist er für alle Altersgruppen ein beliebter Raum für Begegnung, Wissen und Lernen. Nicht nur Medien können in der Kinder- und Jugendbibliothek ausgeliehen werden, hier finden Freizeitgestaltung und Nachhilfe statt.

Dr. Sebastian Ritter, dritter Bürgermeister der Stadt Duisburg, unterstrich die Bedeutung der Ausstellung für die Erinnerungskultur und eine aktive Zivilgesellschaft gegen Fremdenhass und Antisemitismus. Gerade angesichts der immer weniger werdenden Zeitzeugen brauche es Initiativen wie diese, um Schicksale zugänglich und nacherlebbar zu machen und aus der Geschichte zu lernen.

 

Für die Haniel Stiftung sprach Dr. Rupert Antes. Er ist seit vielen Jahren mit den Initiatorinnen verbunden und berichtete vom ersten Kennenlernen noch vor Vereinsgründung – eine Idee im Übrigen, die bei einem Sozial-Unternehmertum-Workshop der Haniel Stiftung in Berchtesgaden weitere Kontur bekam. Seitdem engagiert sich Antes persönlich im Beirat. Mithilfe von Stiftungsmitteln konnte die Ausstellung und die Bildungsarbeit in Duisburg ermöglicht werden, als Teil des Bildungsengagement am Standort.

 

Ariane Olek schließlich stellte nicht nur das Ausstellungskonzept und die damit verbundenen Aktivitäten vor, sondern führte die Gäste noch einmal in die Ursprünge vor 14 Jahren zurück. Damals wurden Interviews mit Holocaustüberlebenden im Rahmen von Masterarbeiten der Kommunikationswissenschaften geführt. Damit diese nicht nur dokumentiert, sondern dauerhaft und öffentlich zugänglich gemacht werden, entstand aus der studentischen Initiative 2014 der Verein ZWEITZEUGEN. Über die Jahre konnten knapp 40 Interviews geführt und aufbereitet werden, nicht nur mit Überlebenden jüdischen Glaubens, sondern auch mit einem Zeitzeugen der Sinti und Roma. Auf diesem Herzstück basiert die Bildungsarbeit des Vereins, der von vielen Ehrenamtlichen unterstützt wird und bislang mehr als 33.000 Kinder und Jugendliche erreicht hat. 

 

Beim anschließenden Rundgang mit Ariane Olek und Judith Manusch konnten die rund 30 Gäste in die bewegenden Geschichten von Chava Wolf und Wolfgang Launinger eintauchen.

 

Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Juni in der Zentralbibliothek und wechselt dann vom 2. Juli bis 9. August in die Bezirksbibliothek Rheinhausen.

Von Haniel Stiftung

Beitrag des Duisburger Regionalsenders Studio 47 zur Ausstellung