Enkelfähiges Unternehmertum
2. Enkelfähig-Preis der Haniel Stiftung
Am 9. Oktober 2024 war es soweit: Zum zweiten Mal hat die Haniel Stiftung in Zusammenarbeit mit der Studienstiftung des deutschen Volkes den Enkelfähig-Preis verliehen, diesmal in Form einer virtuellen Feierstunde. Aus den eingegangenen Essays zur Fragestellung „Nachhaltig-fair-unternehmerisch – passt das zusammen und, wenn ja, wie?“ hat die Jury gleich zwei Werkstücke ausgewählt, die in Anschaulichkeit und Argumentation zu überzeugen wussten. Nadja Yang und Sebastian Christaller freuen sich über die Auszeichnung und das Preisgeld von jeweils 5.000 Euro.
In seiner Eröffnung hob Kuratoriumsvorsitzender Kay Windthorst auf die Bedeutung Enkelfähigen Unternehmertums ab, das Wert über die eigene Generation hinaus schafft und dieses Wirtschaften im Einklang mit der sozialen und ökologischen Verantwortung geschieht. Eben jenes Denken will der Preis fördern. Wie nachhaltig, fair und unternehmerisch gewirtschaftet werden kann, darauf fanden die beiden Preisträger Antworten in ihren Essays. Beide befinden sich dank Haniel-Stipendium derzeit im Masterstudium im Ausland.
In seinem Essay „An welchen Stellschrauben wir drehen müssen – Von der Wegwerfgesellschaft hin zur Langlebigkeit“ illustrierte Sebastian Christaller seine Antwort anhand des von der EU eingeführte Reparaturrechts bei gekauften Produkten. Dabei legte er „schlüssig dar, dass es letztlich nicht an den Regelungsfantasien von Staaten und Organisationen, sondern an den Wert- und Kaufentscheidungen des Einzelnen liegt, die die Erfolgswahrscheinlichkeit jeder Nachhaltigkeitsstrategie bestimmen“, so die Jury.
Biografische Annäherung führt zu ähnlichem Ergebnis
Nadja Yang widmete sich der Fragestellung biographisch im Kontext eines allgemein wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstseins in den vergangenen zehn Jahren. Es sind die sich wandelnden Werte der Individuen, bei der jede überzeugende Nachhaltigkeitsstrategie politisch, aber vor allem auch ökonomisch ansetzen muss. Die Jury bilanziert: „Statt einen aktivistischen Gegensatz zwischen Nachhaltigkeitsvertretern und Ökonomen aufzumachen, identifiziert sie zielgenau die gemeinsamen Interessen an Beispielen wie CO2-Speicherung oder Müllbeseitigung.“
Beide Preisträger verstehen Enkelfähiges Unternehmertum also nicht als isoliertes Streben, sondern in einem steten Widerhall von gesellschaftlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Entwicklung. Kay Windthorst bedankte sich im Namen der Haniel Stiftung für diese wertvollen Impulse. Im Anschluss entspann sich eine angeregte Diskussion im Livestream.
Der Enkelpreis wurde erstmals 2023 unter Stipendiatinnen und Stipendiaten aus dem Haniel-Stipendien- und dem McCloy-Programm ausgelobt, von einer Jury begleitet und im Rahmen des großen Stipendiatentreffens vergeben (siehe auch Erste Preisverleihung).
Erfahren Sie mehr über die beiden Preisträger
Angetrieben davon, zu einer klimapositiven Zukunft beizutragen, forschte Nadja Yang zuletzt als Systemingenieurin zum Thema urbane Bioökonomien an der Oxford Universität, wo sie auch ihr Robotik-Unternehmen für die effiziente Zerlegung von Batterien zur Rezyklierung gegründet hat. Zuvor war Nadja Präsidentin der „European Young Engineers“. Für ihre Arbeit wurde sie von CAPITAL als „40 unter 40“, von Forbes als „30 unter 30“ und vom Women of the Future Programme als „50 Rising Stars in ESG“ ausgezeichnet. Nadjas Tatendrang für die Umwelt begann bereits seit ihrer Schulzeit in Frankfurt am Main und wurde mehrfach während ihres Studiums an der TU München entfacht, wo sie bspw. das Referat für Umwelt Garching gegründet und geleitet hat. In den USA möchte sich Nadja über ihre Ingenieursausbildung hinaus weiterbilden, um möglichst effektiv dringend notwendige Zukunftstechnologien anzuwenden und zu skalieren.
Diese intrinsische Motivation war auch entscheidend, ihr Essay biografisch anzulegen. Sie versteht es „als Reflexion dessen, dass sich Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit gut vereinbaren lassen. Darauf möchte ich meine Karriere ausrichten und die Stellschrauben von innen, auf Unternehmensseite, mitbeeinflussen. Ich bin zuversichtlich, dass ich eine spürbare nachhaltige Transformation erleben werde.“ Entsprechend lautet ihr Appell an Unternehmen: „Denken Sie langfristig. Hinterfragen und erweitern Sie Ihre Erfolgsmetriken jenseits der Gewinnmaximierung, um ökologischen oder sozialen Ungleichheiten entgegenzuwirken.“ Als Beispiele nannte sie aufstrebende Climatech-Unternehmen, die Umweltauswirkungen mithilfe von Technologien minimieren, oder die Bildung von Industriesymbiosen, um Ressourcen zu schonen.
Sebastian Christaller studiert den Master Industrial Engineering and Management mit dem Schwerpunkt Sustainability Management im Honours Program der DTU (Dänemarks Technische Universität) in Kopenhagen. Er begeistert sich für die nachhaltige Transformation der Wirtschaft hin zu langlebigeren und reparaturfreundlicheren Produkten und den dazugehörigen Geschäftsmodellen. Als Mitgründer und Unterstützer ist er in verschiedenen Projekten und Vereinen zur Ressourcenschonung aktiv. Vor dem Masterstudium an der DTU hat er als dualer Student bei der MAN Truck & Bus SE in München Wirtschaftsingenieurwesen studiert und fachliche Schwerpunkte auf das Recycling und die Kreislaufwirtschaft in der Elektromobilität gesetzt.
Für ihn sind regulatorische Eingriffe keine wirkungsvollen Beschleuniger der Nachhaltigkeitstransformation. „Konsumenten lassen sich vor allem mit einem schlüssigen Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen. Kann ich ein nachhaltiges Produkt für den doppelten Preis dreimal so lange nutzen, ist das Kaufanreiz genug. Genau hierauf sollten sich Hersteller fokussieren, langlebige, reparaturfähige Produkte auf den Markt zu bringen. Das wird auf lange Sicht das Kaufverhalten verändern.“ Für ihn war die Auseinandersetzung mit dem Thema eine weitere Inspiration, für den Kopenhagener Recyclinghof, an dem auch gebrauchte Produkte getauscht werden können, ein Konzept zur Reparatur von Elektrogeräten zu entwickeln. „Damit lassen sich einige Tonnen Elektroschrott reduzieren.“ Das Preisgeld will er für seine Auslandszeit und als Anschubhilfe für weitere Projekte einsetzen.